Rundgang im Park

Skulpturen aus unterschiedlichen Jahrzehnten zeigen die Vielfalt dreidimensionalen Schaffens

Mit dem 2008 eröffneten Erweiterungsbau wurde auch die Parkanlage des Kunsthauses Grenchen neu gestaltet und mit Grossplastiken aus der Sammlung besetzt. Beim Rundgang entlang der Skulpturen werden der vielfältige Umgang mit verschiedenen Materialien und die unterschiedlichen Bildsprachen der Bildhauer, die mehrheitlich mit der Region verbunden sind, ersichtlich.

Carlo Borer, Transformer 398, 2007
Carlo Borer

*1961 Solothurn

Carlo Borers Skulptur „Transformer 398“ (2007) gehört zur gleichnamigen Werkgruppe der Grossplastiken, die seit 1999 entstehen. Sie zeichnet sich durch ihre Monumentalität wie auch ihre präzise Ausführung aus. Leicht trichterförmig erinnert sie an eine abstrahierte, spiralförmige Muschel. Ihre Form lässt aus unterschiedlichen Blickwinkeln verschiedene An- und Einsichten zu. Im Umschreiten werden diese Überschneidungen und Durchblicke erst sichtbar und machen die im Titel vorweggenommene Eigenschaft der Wandelbarkeit einer an sich starren Form erlebbar. Die massive Skulptur verbindet sich durch ihre Materialität, insbesondere durch ihre in Rost gefasste Oberfläche, mit der Fassade des Erweiterungsbaus des Kunsthauses.

Franz Eggenschwiler, Busch-Säule, 1985
Franz Eggenschwiler

*1930 Solothurn, †2000 Bern

Ein Grossteil der Einzelteile der Eisenskulptur „Busch-Säule“ stammt aus der Heimatstadt des deutschen Malers und Humoristen Wilhelm Busch und ist die filigranste Arbeit im Kunsthauspark. Die nicht ein-deutig zu identifizierenden Formen bilden eine spielerische Assemblage, die für vielerlei Assoziationen Raum lässt. Die Faszination für Stahl und Schrott wurde bei Eggenschwiler bereits in der Kindheit geweckt, als er regelmässig an den Stahlwerken in Gerlafingen vorbeikam. Als erster Schweizer Objektkünstler verleiht er mit dem Zusammenfügen von Fundstücken Schrottgegenständen neue Bedeutung und lädt sie mit persönlichen Interpretationen auf.

Schang Hutter, Kleine Figur auf grösserem Sockel, 1993
Schang Hutter

*1934 Solothurn, †2021 Solothurn

Im Zentrum von Schang Hutters Schaffen steht die menschliche Figur. Hauptthema ist dabei die Verletzlichkeit des Menschen und der Schock über die Erkenntnis, wie grausam Menschen sein können. Zum charakteristischen Stil Hutters gehört die Darstellung von schmalen Figuren mit markanten Nasen, kompaktem Rumpf, dünnen Armen und Beinen. Obwohl mit einem Hut bekleidet und deswegen vielleicht etwas heiterer wirkend, ist die Skulptur «Kleine Figur auf grösserem Sockel» (1993) ein typisches Werk Hutters. Der übertrieben gross gewählte Unterschied der Dimensionen von Skulptur und Sockel betont die Verlorenheit der menschlichen Figur. Gleichzeitig erhebt der hohe Sockel diese auch in Richtung Himmel und entrückt sie damit der Lebensrealität.

Bruno Leus, Drei Stelen, 1992
Bruno Leus

*1943 Basel

Die Skulptur „Drei Stelen“ wurde erstmals 1992 im Garten des Kunsthauses aufgebaut. Das zu der Zeit noch frische Eichenholz hat sich über die Jahre verwandelt: Aus den in die Stämme eingefrästen Vertief-ungen wachsen Pilze und Flechten, Wind und Wetter hinterlassen ihr Spuren und Insekten bohren sich eigene Löcher in das Holz. Bruno Leus hat damit eine „lebende“ Skulptur geschaffen. Auch wenn Eichenholz ein Holz mit hohem Abnützungswiderstand ist, stellt Leus’ Skulptur verglichen mit den anderen Werken im Kunsthaus-garten durch sein Material dasjenige Werk dar, das sich im Laufe der Zeit am stärksten verändert.

Jean Mauboulès, N° 23, 2011
Jean Mauboulès

*1943 Poey de Lescar/FR

Seit der monografischen Ausstellung im Kunsthaus Grenchen zu Jean Mauboulès' Schaffen bereichert seine Skulptur „N° 23“ erst als Dauerleihgabe, dann als Schenkung des Künstlers den Kunsthauspark. Hier fällt vor allem die Leichtigkeit auf, die den Stahl der Schwerkraft zu entheben scheint. Aus ihr geht eine Spannung hervor, die auf der Unsicherheit über ihre Stabilität beruht und damit unsere Wahrnehmung auf die Probe stellt. Das Spielerische liegt in der Anordnung der vermeintlich strengen Formen. Grundmotiv von Mauboulès‘ Werken ist der „Mouvement arrêteé“ (angehaltene Bewegung). Den Künstler interes-siert dabei die technische Verarbeitung ebenso wie die menschliche Wahrnehmung.

Kurt L. Metzler, o.T., 1985
Kurt Laurenz Metzler

*1941 St. Gallen

Die Figur im Grencher Kunsthausgarten lässt in groben Zügen einen Menschen erahnen. Metzler beschäftigte sich stets mit der menschlichen Figur. Besonders im öffentlichen Raum bilden verschiedene Typen von Stadt-menschen ein zentrales Themenfeld in Metzlers Arbeiten. Inspiriert von der US-amerikanischen Pop Art schafft er in den 1960er und -70er Jahren bunte Skulpturen aus Polyester in Überlebensgrösse. Später findet er zu Eisen, Aluminium und Bronze. Unter anderem mit der Figurengruppe „Züri-Familie“ (Eisen, 1978-79) an der Zürcher Bahnhofsstrasse gelingt ihm der Durchbruch.

Jean-Louis Ruffieux, Klangstein, 1998
Jean-Louis Ruffieux

*1947 Freiburg i. Ue., †2013 Lenzburg

Auf den ersten Blick erscheint Ruffieux’ Skulptur im Park wie ein natürlicher Findling. Erst beim näheren Herantreten erkennt man die von Menschenhand stam-menden Erhebungen und Vertiefungen an der Oberfläche des Steins. Der Quader als Ausgangs-form ist noch ersichtlich und verweist auf den künstlichen Ursprung der Skulptur. Ruffieux hat dem naturgemäss fossilienreichen Jura-Kalkstein weitere Gebilde beigefügt, die versteinertem organischem Leben ähnlich sehen. Ruffieux absolvierte seine Ausbildung zum diplomierten Bildhauermeister in Grenchen und besuchte die Kunstgewerbeschulen Bern und Basel.

Heiko Schütz, Knoten, 1990
Heiko Schütz

*1954 Kirchberg

Der wohlgeordnete Knoten ist ein wiederkehrendes Element im Schaffen des ausgebildeten Mechanikers Heiko Schütz. Auch wenn seine einzelnen Stränge gut mit den Augen voneinander abzugrenzen sind, so ist der Weg, um sie voneinander zu trennen, den Knoten zu lösen, nicht auf Anhieb ersichtlich. In der im Kunsthauspark gesetzten Skulptur „Knoten“ ist ein einzelner Strang mit vermeintlicher Leichtigkeit geknüpft. Das schwere und starre Material ragt in die Luft und sieht locker geschlagen aus. Schütz‘ Werke, Eisen-Bilderbücher und Brunnenskulpturen finden sich über die Region hinaus an zahlreichen Orten im öffentlichen Raum.

Heinz Schwarz, Laure, 1980
Heinz Schwarz

*1920 Arbon, †1994 Satigny

Die Skulptur „Laure“ von Heinz Schwarz zeigt wie die meisten Figuren seiner späten Schaffensjahre ein äusserst zartes Wesen. Durch die glänzende Oberfläche des Bronze-gusses wirkt die Haut des Mädchens beinahe transparent. Das Schutzbedürfnis, das in der fragilen Zeit der Adoleszenz besteht, wird eindeutig. Auch wenn sich die Darstellung des Mädchens weitest-gehend an der Natur orientiert, so ist sie doch nicht naturalistisch. Die Überlängung der Figur nimmt die gängigen weiblichen Schönheits-ideale langer, schlanker Gliedmassen auf und verstärkt den Eindruck einer Kindfrau.

Heinz Schwarz, Torso, 1956
Heinz Schwarz

*1920 Arbon, †1994 Satigny

Der Beginn der bildhauerischen Tätigkeit von Heinz Schwarz geht in die 1940er Jahre zurück. 1943 geht er nach seiner Lithographenlehre von Aarau nach Genf und findet den Weg vom Steinzeichnen zum Steinhauen. Ein Werk aus Schwarz‘ weniger bekanntem früheren Schaffen ist die Skulptur „Torso“. Sie ist alles, was die Skulptur „Laure“ – ebenfalls im Park des Kunsthauses – nicht ist: Sie ist sehr frei in der Gestaltung eines weiblichen Körpers und stellt einen Rest oder einen Anfang eines Körpers dar, eben ein Torso. Auch die Oberfläche der Bronze bildet einen Gegenpol zu späteren Werken. Sie ist gefurcht, rau und weist eine natürliche Materialalterung auf.

Peter Travaglini, Drei Figuren, 1993
Peter Travaglini


*1927 Bern, †2015 Büren an der Aare

Ist man in der Region unterwegs, trifft man Peter Travaglinis Figuren häufig an. Rund 200 seiner Werke befinden sich im öffentlichen Raum. Die von ihm als „Etui-Menschen“ bezeichneten Figuren entstammen einer Form, die einem Etui ähnlich sieht. Die drei Figuren verweisen auf das Menschenbild des Künstlers: ein Wesen mit solidem Bodenkontakt, dessen Blick ihn träumerisch mit der Ferne und Höhe verbindet.
Travaglini war neben seiner künst-lerischen Arbeit auch kulturpolitisch engagiert. Bei der Errichtung der Stiftung Kunsthaus Grenchen 1972 gehörte er dem Stiftungsrat an.

Oscar Wiggli, o.T., ca. 1977
Oscar Wiggli

*1927 Solothurn, †2016 Solothurn

Wigglis bildnerisches Werk widmet sich dem menschlichen, insbe-sondere dem weiblichen Körper und dessen Abstraktion. Dabei nimmt über die Jahre die Grösse seiner Werke zu und seine Formensprache wird schlichter. Die Körper setzt Wiggli aus Fragmenten und einzelnen Wölbungen zusammen, welche er seit Ende der 1980er Jahre in den von-Roll-Werken mit indu-striellen Pressen und Hämmern wie auch mit selbstgebauten Werk-zeugen formt. Dem groben und schweren Material wird durch die Bearbeitung und die Komposition eine eigene Anmut verliehen. Wiggli gilt als einer der Schweizer Haupt-vertreter geschmiedeter und getriebener abstrakten Eisenplastik.

Peter Zaugg, Grenchner Pflug, 1994
Peter Zaugg

*1952 Grenchen

Der gebürtige Grenchner und gelernte Huf- und Fahrzeugschmied ist als Künstler Autodidakt. Seit 1984 betreibt er eine eigene Schlosserei und Kunstschmiede in Grenchen. Eisen spielt bei Zaugg auch als Ausgangsmaterial für seine künstlerischen Arbeiten die zentrale Rolle. Meist entstehen Reliefs, wofür er kaum je Skizzen verwendet, sondern direkt auf das Eisen zeichnet und es bearbeitet. Seine Inspiration kommt aus den vielfältigen Formen und Strukturen der Natur. Im Zentrum seines Werkes steht der Pflug, der auch im Grenchner Wappen wiederzufinden ist.